Pierre-Frédéric Weber

Vor 150 Jahren kam es mit dem Ausbruch des deutsch- bzw. preußisch-französischen Kriegs zum Urknall, der einen mehr als drei Generationen andauernden Zyklus zugespitzter Feindschaft zwischen diesen beiden großen europäischen Nachbarstaaten einleitete. So positiv sich die schon am 4. September 1870 – gleich nach der Niederlage des Second Empire bei Sedan – in Paris ausgerufene Dritte Republik aus späterer und heutiger Perspektive für die Entwicklung Frankreichs und seine internationale Stellung erwies, so tief saß lange Zeit das Trauma der Franzosen, im militärischen Zusammenstoß mit Preußen so schnell und schmählich – mit dem schmerzhaftem Gebietsverlust vom Elsass und eines Teils Lothringens an das ausgerechnet in Versailles verkündete II. Deutsche Reich – unterlegen zu sein. Die Geburt der bislang längsten republikanischen Ordnung in der französischen Geschichte (1870–1940), die vom Krieg und dem dunklen Kapitel des Vichy-Regimes unterbrochen (1940–1944) nach zweijähriger Übergangsregierung (1944–1946) mit der Vierten Republik (1946–1958) wieder aufgenommen und anschließend von der Fünften Republik (seit 1958) bestätigt und gestärkt wurde, nahm der französische Staatspräsident Emmanuel Macron dieses Jahr zwar zum Anlass, um Sinn und Werte der Republik zu unterstreichen; die Wehen, in denen die Republik das Kaiserreich ersetzte und sich innen und außen durchzusetzen hatte, blieben dabei jedoch weitgehend unterbeleuchtet.

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